Ab heute ist er Rhön-Altkanzler

Dass es so früh so emotional sein würde, hat Manfred Helfrich wahrscheinlich selbst nicht vermutet. Gleich zu Beginn wurde dem „Rhönkanzler“, wie er von so vielen genannt wird, die Entlassungsurkunde überreicht. Es glitzerte verdächtig in den Augen des 68-Jährigen. Er musste einmal tief durchatmen, als er vor dem proppenvollen Saal gestand: „Ihr seht mich in großer emotionaler Anspannung. Dass ihr alle da seid, berührt mich sehr.“ Alles, was in der Region Rang und Namen hat, war gestern zu Helfrichs Verabschiedung ins Von-Steinrück-Haus gekommen. Hier wurde gleichwohl kein Landrat verabschiedet, sondern der Bürgermeister der drittkleinsten Kommune des Landkreises. Doch oft hat Manfred Helfrich selbst betont: „Die Bedeutung von Poppenhausen ist weit größer, als es die Einwohnerzahl vermuten lässt.“ Dass das stimmt, attestierten ihm zahlreiche Redner.

Er sei der Grund dafür, dass die Rhöngemeinde so gut dastehe. Er sei „ein Glücksfall für Poppenhausen“, sagte Hans-Jörg Hauke, Ehren-Beigeordneter der Gemeinde. „Du hast Spuren hinterlassen“, betonte auch Rathaus-Mitarbeiter Andreas Hamm, der durch den Abend führte und dem schnell klar wurde, dass die angedachten 60 Minuten für den Reigen der Redner lange nicht ausreichen würden – ebenso wenig wie diese Zeilen.

Sie alle beschrieben Helfrich, der ab heute offiziell „Rhön-Altkanzler“ ist, als souverän, durchsetzungsstark, gutherzig, als einen Menschenfreund, immer präsent, voller Heimatliebe, offen für Neues, fair und bodenständig. Seine Poppenhausener CDU-Kollegen Frank Brüssow und Michael Sapper betonten in ihrer Laudatio vor allem Helfrichs Menschlichkeit und sein Herzblut für seine Heimatgemeinde. Sie dankten vor allem seiner Familie, deren Unterstützung von unschätzbarem Wert gewesen sei.

Die Lacher hatte Landrat Bernd Woide (CDU) auf seiner Seite, als er Manfred Helfrich mit dem ersten deutschen Reichskanzler Otto von Bismarck verglich – optisch, wohl gemerkt – und damit versuchte, sich den Ursprung der Bezeichnung Rhönkanzler herzuleiten. „Bismarck ist bekannt geworden für seinen Weitblick und den hast auch du gehabt“, fand der Landrat, aber auch eine charakterliche Gemeinsamkeit der beiden. „Du hast dich weit über das Soll hinaus engagiert.“

Bundestagsabgeordneter Michael Brand (CDU) nannte Helfrich einen Ideengeber, einen Macher, einen Schaffer und vor allem einen Rhöner, der die Region liebt und lebt. „Man hatte mit Blick auf den Veranstaltungskalender das Gefühl, in Poppenhausen findet jede Woche etwas statt“, sagte Brand. „Dankeschön für dein Lebenswerk.“ Hierzu zählte er auch die 24 Jahre, die Helfrich von 1977 bis 2001 im Dienst der Hessischen Polizei versehen hat. „Hier geht etwas Erfolgreiches zu Ende.“ Brand erinnerte auch daran, dass man nicht immer „Everybody’s darling“ (Jedermanns Liebling) sein könne. Umso wichtiger war es, dass Helfrich „mit geradem Kreuz für die Sache eingestanden ist.“

Dass es für Helfrich in seiner 24-jährigen Amtszeit, vor allem im Kita-Streit mit der Kirchengemeinde, auch mal heftigen Gegenwind gegeben hat, das erwähnte Pfarrer Jörg Stefan Schütz nur am Rande. Er legte seinen Fokus stattdessen auf ein originelles Geschenk für den Zeitvertreib im Ruhestand: eine Kiste mit Legosteinen – die nahm aber umgehend und unter dem Gelächter des Publikums Helfrichs kleine Enkeltochter auf der Bühne entgegen.

Auch von seiner Nachfolgerin im Amt, Alexandra Ballweg (parteiunabhängig), bekam Helfrich etwas für die Freizeit: einen Liegestuhl mit der Aufschrift „Amtsfreie Zone, Ex-Bürgermeister im Ruhe(zu)stand“. Sie zollte ihrem Vorgänger „Dank und Respekt für eine Ära“ und bedankte sich für die Übergabe, „für deine Hinweise und Tipps, die mir den Einstieg erleichtern werden“, so Ballweg, die heute nicht nur ihren 57. Geburtstag, sondern auch den ersten Tag ihrer Amtszeit bestreitet.

Manfred Helfrich startet in den ersten Tag seines Ruhestands. Seine Familie, die drei Kinder und fünf Enkelkinder und vor allem seine Frau Regina, „sie sind jetzt auch mal dran.“